Scharfe Kritik der südafrikanischen Opposition
NZZ, 3.3.2011
Thomas Knemeyer, Kapstadt
Der südafrikanische Präsident Zuma betont, sein Land könne überhaupt nicht mit Tunesien verglichen werden. Aber Verschwendung und Korruption lassen Zweifel an der Stabilität Südafrikas aufkommen.
Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma hat bestritten, dass Südafrika in einigen Jahren eine ähnliche Revolte erleben könnte, wie sie jetzt arabische Länder erfasst hat. In seinem Land, sagte Zuma, werde niemand unterdrückt, jeder habe das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Stimmabgabe. «Es wird in Südafrika niemals einen Umsturz wie in Tunesien geben. Dies ist unmöglich», erklärte Zuma.
Kritik Moeletsi Mbekis
Der südafrikanische Präsident reagierte damit auf eine Warnung des Regierungskritikers Moeletsi Mbeki, der ein Bruder des früheren Präsidenten Thabo Mbeki ist. Moeletsi Mbeki hatte in einem aufsehenerregenden Artikel im Februar erklärt, in etwa einem Jahrzehnt werde dem Staat das Geld ausgehen. Der seit 1994 regierende African National Congress (ANC) habe vor vier Jahren die Lebensmittelsicherheit des Landes preisgegeben, für Millionen von Einwanderern die Grenzen geöffnet und eine unbezahlbare Kultur des Anspruchsdenkens gefördert. Der Staat verteile gut dotierte Arbeitsplätze an Parteigänger des ANC und besänftige Millionen von Armen mit Wohlfahrtsgeschenken.
Die jüngsten Wirtschaftszahlen untermauern diese Sorge. Von 50 Millionen Südafrikanern haben nur 13 Millionen einen Job; von ihnen finden 4 Millionen im informellen Sektor ein bescheidenes Auskommen. Auf 6 Millionen erfasste Steuerzahler kommen in diesem Jahr bereits 15 Millionen Empfänger von Sozialleistungen, die meisten von ihnen Eltern, die Kindergeld erhalten. Der Staat verteilt das Geld mit vollen Händen. Beamte beziehen deutlich höhere Gehälter, als in der Privatwirtschaft für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werden.
Auf der höchsten staatlichen Ebene herrschen phantastische Zustände. In Zumas Regierung tummeln sich 68 Minister und Staatssekretäre, von denen jeder im Schnitt umgerechnet jährlich 150 000 Franken verdient. Aber damit ist die Largesse des ANC noch längst nicht erschöpft. Wie die oppositionelle Democratic Alliance akribisch aufzählt, hat der Staat seit Zumas Amtsantritt im Mai 2009 nicht weniger als 3,82 Milliarden Rand verschleudert, verschwendet oder verschenkt, umgerechnet rund 510 Millionen Franken. Auf der Website everyrandcounts.org lässt sich Punkt für Punkt nachlesen, wie Unsummen vergeudet werden. Für neue Dienstwagen der Minister lässt der Staat 69 Millionen Rand springen. Unterhalb der Kategorie «Luxusklasse A1» geht es nicht. Damit sind unter anderem Mercedes der S-Klasse und Topmodelle von Audi und Land Rover gemeint.
Viel Geld für Hotelaufenthalte
Zuma hat auch verlangt, dass für seine drei First Ladies - Zuma ist praktizierender Polygamist - in allen neun Provinzen des Landes ständig eine Limousine zur Verfügung stehe. Die fünf offiziellen Residenzen des Präsidenten werden innerhalb der nächsten drei Jahre für 191 Millionen Rand renoviert, obwohl das vor sechs Jahren von seinem Amtsvorgänger Mbeki schon einmal vorgenommen wurde. Überhaupt genügen ein paar Risse in einer ministeriellen Residenz - und schon wird die Villa als baufällig deklariert. Der Minister lebt dann monatelang in der Suite eines Luxushotels. Kostenpunkt für Renovationen und Hotelaufenthalte: 167 Millionen.
Jeder Minister hat Anspruch auf zwei Residenzen - eine in Kapstadt, wo das Parlament tagt, eine in Pretoria, dem Regierungssitz. Das streng abgeschirmte Regierungsviertel in Pretoria heisst Bryntirion. Hier werden Zuma und seine Minister bedient und bewacht. Demnächst sollen sie das exklusive Areal auch im Krankheitsfall nicht mehr verlassen müssen. Das Militär wurde soeben beauftragt, bis 2013 für 63 Millionen ein Spital zu errichten. das nur für die Elite zuständig ist. Alles in allem, kündigte der Finanzminister in der vergangenen Woche an, werde man in Bryntirion in den kommenden drei Jahren 356 Millionen Rand ausgeben.
Bezeichnenderweise geniesst der Sicherheitsaspekt Vorrang. Minister im friedlichen Südafrika werden heutzutage ungleich besser geschützt als ihre Vorgänger vor 25 Jahren, als bürgerkriegsähnliche Zustände die Grossstädte des Landes erschütterten. Selbstgefällig und frei von Gewissensbissen rücken Provinzpremiers und Minister grosse und völlig überflüssige Anzeigen in Südafrikas Zeitungen ein. Es handelt sich meistens um eitle Selbstbeweihräucherungen, allerdings mit 20 Millionen Rand vom Steuerzahler finanziert. Für üppige Empfänge, Partys und fragwürdige Konferenzen werden weitere 161 Millionen berappt. Dazu gehört selbstverständlich immer ein reichhaltiges Buffet.
Gefährliches Spiel
Schliesslich bleibt man auch alten Weggefährten aus dunklen Widerstandszeiten dankbar. Kuba wurde die Restschuld von 1,4 Milliarden Rand erlassen. Der «African Renaissance Fund» erhielt 770 Millionen - zu welchem Zweck, ist unklar geblieben. In der armen Provinz Ostkap mangelt es unterdessen an Schulbroten, es drohen erneut Stromausfälle, und die Warteliste beim sozialen Wohnungsbau geht in die Hunderttausende. Moeletsi Mbeki meint, die Chefs des ANC seien wie Kinder, die mit einer Handgranate spielten. Eines Tages werde sie explodieren.
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