Dienstag, 21. Februar 2012

Mainstream über Geldschöpfung

Bei all diesen Geldkritiken möchte ich gern auf diesen sehr fundamentalen Vortrag verweisen:
http://meandthesociety.blogspot.com/2011/02/grundkurs-marktwirtschaft.html

Das Problem ist nicht das Geld, sondern die ihm zugrunde liegende Vorstellung eines abstrakten Werts. Das Geld entsteht aus der Logik der Wertverwertung aka Marktwirtschaft, genau so deren Geldschöpfung durch Privatbanken und der Kredit. Die Marktwirtschaft könnte ohne eine solche Geldschöpfung und den Kredit gar nicht exisiteren: Hörst du hier



von: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/geldschoepfung-wie-kommt-geld-in-die-welt-11637825.html

über: http://www.zeitpunkt.ch/news/artikel-einzelansicht/artikel/geldschoepfung-das-thema-kommt-im-mainstream-an.html

Geldschöpfung Wie kommt Geld in die Welt?

05.02.2012 ·  Nicht nur die Europäische Zentralbank kann Geld schaffen, sondern auch jede ganz normale Bank. Sie schöpft ihre Kredite aus dem Nichts. Aber ist das schlimm, wie Occupy behauptet?
Von Christian Siedenbiedel

Es gibt Dinge, die sind so selbstverständlich, dass man nicht über sie nachdenkt. Zu ihnen gehört das Geld. Man holt die Scheine aus dem Automaten, trägt sie im Portemonnaie mit sich herum, zählt sie bisweilen und benutzt sie zum Zahlen. Aber wo kommt das Geld her? Es wird halt irgendwer drucken, denkt man.
Die bankenkritische Bewegung Occupy vertritt die provokante These, es seien die Banken, die in unserem Wirtschaftssystem das Geld schaffen. Die Kapitalismuskritiker finden das nicht gut: Gewinnorientierte private Institutionen, die in keiner Weise demokratisch kontrolliert würden, sind Schöpfer des Geldes. Das sei gefährlich, sagt Occupy.

Nicht nur Scheine und Münzen

Occupy hat recht, nicht mit der Wertung, aber mit der Erklärung. Es sind die Banken, die einen Großteil unseres Geldes erschaffen. Und zwar große Geschäftsbanken wie die Deutsche Bank und die Commerzbank genauso wie kleine Volksbanken und Sparkassen.
Zwar können die Banken weder Geldscheine drucken noch Münzen prägen. Das dürfen im Euroraum nur die Europäische Zentralbank und die nationalen Notenbanken. Allen anderen ist es von Staats wegen untersagt und wird mit einer „Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr“ geahndet, wie es im Paragraphen 146 des Strafgesetzbuches heißt.
Doch die Geldschöpfung der Banken ist ohnehin von anderer Natur. Wer das verstehen will, muss zunächst einen Definition akzeptieren: Geld, das sind heutzutage nicht nur Scheine und Münzen. Auch was irgendwo auf Konten schlummert, ist echtes Geld. Wenn Zahlen von einem Konto auf ein anderes wandern, fließt Geld. Man kann dafür Dinge kaufen und es sich auszahlen lassen.
© F.A.Z. Geldschöpfung
Dieser elektronische Teil des Geldes ist mittlerweile sogar der größere Teil: In Europa gibt es eine sogenannte zahlungsfähige Geldmenge (Fachleute nennen sie „M1“) von etwa 4,8 Billionen Euro. Darin enthalten sind 858 Milliarden Euro Bargeld in Scheinen und Münzen. Der unvorstellbar große Rest hingegen ist nur auf Konten existent, die „Sichteinlagen“. Genau dieses Geld ist es, das überwiegend von den Banken geschaffen wird.
Wie machen die Banken das? Indem sie Kredite vergeben. Der Großteil unseres Geldes entsteht heute nicht mehr durch die Bearbeitung von Edelmetallen wie noch in früheren Jahrhunderten. Aristoteles und Platon philosophierten zu ihrer Zeit noch darüber, ob der Wert des Geldes durch den Metallwert der Münzen („physis“) entstehe oder durch den Nennwert, den der Staat qua Erlass festlegt („nomos“). Heute entsteht Geld durch vielfältige Schuldenmacherei. Was ist auch Papiergeld schließlich anderes als eine Art Schuldschein der ausgebenden Stelle, der von dem Vertrauen lebt, dass er jederzeit weiterzugeben oder einzulösen ist?

Sie schafft Geld aus nichts

Bei dem Geld, das die Banken schaffen, dem sogenannten „Buchgeld“ oder „Giralgeld“, ist es nicht viel anders. Diese Art von Geld entsteht, wenn eine Bank einem Kunden einen Kredit gibt und den Betrag auf dessen Konto gutschreibt. Der Kunde (es kann eine Privatperson sein, ein Unternehmen oder auch der Staat) kann den Betrag wie Geld weiterverwenden. Eigentlich handelt es sich zwar technisch nur um eine Forderung, die auf Bargeld lautet. Er kann den Betrag aber an andere überweisen, ihn mit der EC-Karte zum Shoppen nutzen oder am Automaten bar abheben. Der Betrag ist nicht nur „wie Geld“ - es ist Geld entstanden.
Um einem Kunden einen Kredit zu geben, braucht die Bank noch nicht einmal die Spareinlage eines anderen Kunden aus ihrem Tresor zu holen. Sie schafft Geld aus nichts. Allerdings: Die Bank muss im Gegenzug für den Kredit Geld bei der Zentralbank deponieren - die sogenannte Mindestreserve. Sie ist viel kleiner als der Kredit: Lange Zeit betrug sie zwei Prozent des Kreditbetrags, gerade wurde sie auf ein Prozent gesenkt. Eine Bank, die 10.000 Euro Kredit vergeben will, braucht also 100 Euro Mindestreserve.

Sicherheiten hinterlegen, Zinsen zahlen

Die Bank muss auch dieses Geld nicht durch Spareinlagen ihrer Kunden aufbringen. Sie kann vielmehr ihrerseits von der Zentralbank Kredit bekommen. Dafür muss sie Sicherheiten hinterlegen, in der Regel Wertpapiere, und Zinsen zahlen.
Wenn das geborgte Geld früher oder später als Einlage bei einer (anderen) Bank landet, kann diese andere Bank damit auch einen Kredit vergeben. Das Bankensystem als Ganzes schafft so ein Vielfaches von dem Geld, das am Anfang stand. Ökonomen nennen das „multiple Geldschöpfung“.
Die Notenbank ist dabei der Regisseur. Sie hat zwei Steuerungsgrößen, mit denen sie den Prozess kontrollieren kann. Zum einen den Satz der Mindestreserve: Senkt sie ihn, können die Banken mehr Geld schaffen. Zum anderen den Zins, den sie von Banken für Kredite verlangt: Fordert sie mehr, halten die Banken sich mit den Ausleihungen tendenziell zurück.

Auch die Banken sind vorsichtiger

Allerdings hängt die Frage, wie viel Geld die Banken schaffen, nicht allein von Zins und Mindestreserve ab. Es geht dabei ja am Ende um die Frage, wie viel Kredit sie vergeben. Läuft die Wirtschaft gut, wollen viele Firmen Kredit, und die Banken geben ihn gern, weil sie gute Geschäfte machen. Ist hingegen die Unsicherheit groß, sinkt die Kreditnachfrage, und auch die Banken sind vorsichtiger.
Letzteres ist im Augenblick der Fall: Die Zentralbank vergibt zuhauf billige Kredite an Banken - aber die halten sich mit der Geldschöpfung vornehm zurück.
Über das Wachstum der Geldmenge entscheiden also tatsächlich Banken, aber auch Privatleute und Unternehmen mit - je nachdem, in welchem Umfang sie Geld leihen oder verleihen.

Nicht nur Occupy diskutiert Geldschöpfung

Ist das alles schlimm, wie Occupy behauptet? Es ist nicht schlimm, solange die Zentralbank die Kontrolle behält. Aber nicht nur bei Occupy, auch in der Wissenschaft gibt es eine Debatte, ob man nach den Erfahrungen der Bankenkrise die Geldschöpfung noch den Banken überlassen kann. Ausgerechnet der Doktorvater von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Hans Christoph Binswanger, gehört zu den Protagonisten.
Er meint: Man sollte die Mindestreserve auf 100 Prozent hochsetzen. Das würde bedeuten: Die Banken müssten für jeden Euro, den sie verleihen, einen Euro bei der Zentralbank hinterlegen. Damit hätte die Zentralbank die vollständige Kontrolle über die Geldschöpfung.

Der Charme der Idee: Man könnte vielleicht vermeiden, dass Banken zu viel Geld schaffen und Blasen und Inflation entstehen.
Der Mainstream der Ökonomen aber hält das nicht für praktikabel. „Bei einer Mindestreserve von 100 Prozent würde das Bankensystem, wie wir es heute kennen, aufhören zu bestehen“, sagt Bankenprofessor Hans-Peter Burghof. Und Volker Wieland, Professor für Geldtheorie in Frankfurt, meint: „Man kann durchaus über die normale Zinspolitik das Geldmengenwachstum kontrollieren.“ Die Europäische Zentralbank habe genug Macht, für stabiles Geld zu sorgen. Sie müsse nur wollen.

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