Donnerstag, 27. Januar 2011

Keine staatliche Geldschoepfung

Bei all diesen Geldkritiken möchte ich gern auf diesen sehr fundamentalen Vortrag verweisen:
http://meandthesociety.blogspot.com/2011/02/grundkurs-marktwirtschaft.html

Das Problem ist nicht das Geld, sondern die ihm zugrunde liegende Vorstellung eines abstrakten Werts. Das Geld entsteht aus der Logik der Wertverwertung aka Marktwirtschaft, genau so deren Geldschöpfung durch Privatbanken und der Kredit. Die Marktwirtschaft könnte ohne eine solche Geldschöpfung und den Kredit gar nicht exisiteren: Hörst du hier



Artikel aus Sein.de: http://www.sein.de/gesellschaft/neue-wirtschaft/2011/bundestag-will-keine-staatliche-geldschoepfung.html

Bundestag will keine staatliche Geldschöpfung

Angesichts der aktuellen Krise unseres Finanzsystems wird dieses derzeit von vielen Seiten einer erneuten Prüfung unterzogen. Die Stimmen, die wesentliche Aspekte des Geldsystems als fehlerhaft kritisieren, werden seit einigen Jahren auch im Mainstream immer lauter. Zentrale Kritikpunkte sind dabei immer wieder das Zins-System und die private Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken. Durch diese beiden Elemente, so wird kritisiert, gleicht unser Geldsystem quasi einer Kettenbrief-Struktur, bei der es unweigerlich zu einer Umverteilung von Vermögen, permanentem Wachstumszwang und regelmäßigen Zusammenbrüchen kommen muss.
Eine Petition beim deutschen Bundestag hatte darum die Regierung aufgefordert, das Finanzsystem so umzugestalten, dass nicht mehr die privaten Banken, sondern nur noch der Staat Geld schöpfen darf.
Im Folgenden der Text der Petition und die Antwort der Bundesregierung zur weiteren Diskussion.


Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass das Finanzsystem so zu verändern ist, dass nicht mehr die Banken das Geld durch Kredite schöpfen, bei einer Kapitaldeckung von gerade einmal 8%, sondern der Staat das Geld selbst schöpft und in angemessenem Umfang im öffentlichen Interesse in Umlauf bringt, bzw. ausgibt.

Begründung
Die meisten Menschen wissen nicht wo Geld her kommt. In unserem Wirtschaftssystem schöpfen die Banken das Geld durch Kredite, die durch nichts gedeckt sind. Banken müssen lediglich 8% Kapitaldeckung vorweisen um 100% Kredite vergeben zu können, also Geld zu verleihen, welches sie nicht besitzen und Zinsen darauf zu verlangen. Der größte Kreditnehmer: Der Staat... WIR. WIR haben die Banken in diese Position gebracht, WIR stehen durch das Vertrauen in unsere Wirtschaftsleistung als Garant hinter dem Kredit des Staatshaushalts und damit als Garant hinter unserer Währung, da die Zentralbank Bundesanleihen zur Verpfändung akzeptiert und Bargeld dafür ausgibt. WIR könnten dieses Geld also auch selbst schöpfen und müssten dann an niemanden Zinsen zahlen. Der Haushalt wäre ausgeglichen und die Staatsverschuldung wäre lediglich ein Protokoll über die Menge Geld, die in Umlauf gebracht wurde! Auch eine Finanzkrise wie die gerade laufende konnte sich in diesem Umfang nur ereignen, da das gesamte Wirtschaftssystem auf Krediten, auf Schulden aufgebaut ist. Da Banken für vergebene Kredite Zinsen verlangen, also mehr Geld zurück fordern als sie ursprünglich ins System gegeben haben, wächst das gesamt Schuldenaufkommen stärker an, als das durch Kredite zur Verfügung stehende Geld. Es müssen also immer höhere Kredite vergeben werden, um immer höhere Kreditforderungen bedienen zu können. Die Schulden wachsen also exponentiell und werden uns immer wieder in noch schlimmere Finanzkrisen führen als der gerade laufenden. Der einzige Ausweg ist die Abkehr von unserem auf Kredit bzw. auf Schulden finanzierten Wirtschaftssystem, hin zu einem System in dem demokratisch geschaffenes Geld vom Staat - von UNS allen - zum Wohle aller eingesetzt wird, schuldenfrei ist und frei ist von Zinszahlungen. Die Kapitaldeckung der Banken muss auf 100% hochgefahren werden, so dass die Banken nur noch Geld verleihen können, welches sie tatsächlich besitzen, so dass sie an der Geldschöpfung nicht mehr beteiligt sind.

Die Antwort des Petitionsausschusses

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 26.05.2011 abschließend beraten und beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung
Mit der Petition wird ein Beschluss des Deutschen Bundestages angeregt, wonach das Finanzsystem so zu verändern ist, dass nicht mehr die Banken das Geld durch Kredite schöpfen, sondern dass der Staat das Geld selbst schöpft und in angemessenem Umfang im öffentlichen Interesse in Umlauf bringt bzw. ausgibt.
Zur Begründung seiner Petition legt der Petent insbesondere dar, Banken müssten lediglich acht Prozent Kapitaldeckung vorweisen um 100 Prozent Kredite vergeben zu können. Weil Banken für gewährte Kredite Zinsen verlangten, d. h. mehr Geld zurückforderten als sie ursprünglich ins System gegeben hätten, wachse das gesamte Schuldenaufkommen stärker an, als die durch Kredite zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Dies führe zu immer mehr Schulden u. a. der öffentlichen Hand und zu noch schlimmeren Finanzkrisen als der aktuellen.
Daher sei eine Abkehr von dem auf Krediten bzw. Schulden finanzierten Wirtschaftssystem erforderlich. Vielmehr solle der Staat selbst Geld schöpfen.
Zudem müsse das Eigenkapital der Banken 100 Prozent betragen, damit diese an der Geldschöpfung nicht mehr beteiligt seien.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrages des Petenten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Petition ist als öffentliche Petition im Internet veröffentlicht worden. Sie wurde durch 4.254 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen 543 Diskussionsbeiträge ein.
Ferner haben den Petitionsausschuss zu diesem Anliegen derzeit drei weitere Eingaben gleichen Inhalts erreicht, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung zugeführt werden.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 26.04.2010 wie folgt dar:
Hinsichtlich der Struktur und Funktionsweise des Geschäftsbankensystems weist der Petitionsausschuss zunächst auf Folgendes hin: In modernen Volkswirtschaften, die sich durch einen hohen Grad an Arbeitsteilung und Spezialisierung auszeichnen, ist Geld ein zentraler Bestandteil des Wirtschaftslebens. Denn Arbeitsteilung kann nur funktionieren, wenn die hergestellten Güter und Dienstleistungen auch auf einfachem Wege und ohne nennenswerte zusätzliche Kosten getauscht werden können. Neben seiner Funktion als Tauschmittel und als Recheneinheit ist Geld auch Wertaufbewahrungsmittel. Je stabiler das Geld ist, desto besser werden diese Funktionen erfüllt und desto störungsfreier läuft der Wirtschaftsprozess ab.
Der Geschäftstätigkeit der Geld- und Kreditinstitute kommt im Geldkreislauf einer Volkswirtschaft eine zentrale Rolle zu. Gesamtwirtschaftlich muss gewährleistet sein, dass es nicht zu Bankenkrisen kommt, die letztlich die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen würden. Banken müssen stets darauf vorbereitet sein, dass sich ihre Kunden einen Teil ihrer Einnahmen in bar auszahlen lassen. Außerdem sind sie verpflichtet, in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der bei ihnen gehaltenen Einlagen Guthaben in Form der Mindestreserve bei der Bundesbank zu unterhalten. Über die Bedingungen, zu denen das Eurosystem den Banken Zentralbankgeld zur Verfügung stellt, kann es Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Banken nehmen.

Die Geschäftsbanken schaffen Geld, wenn sie ihren Kunden Kredite gewähren und die Beträge auf Konten gutschreiben. Sie vergrößern durch die Schaffung dieses Giralgeldes ohne Zutun der Notenbank die umlaufende Geldmenge. Die Banken sind bei diesem Prozess der Giralgeldschöpfung jedoch auf neues Zentralbankgeld angewiesen, weil sie Bargeldauszahlungen an ihre Kunden leisten und einen Teil der Kundeneinlagen als Guthaben bei der Notenbank in Form der Mindestreserve unterhalten müssen. Der Zentralbankgeldbedarf der Geschäftsbanken ist somit der Ansatzpunkt für die Notenbank, um Kreditgewährung und Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken zu beeinflussen.
Erhöht die Notenbank z.B. die Zinsen, so wird die Geldbeschaffung der Geschäftsbanken teurer und sie verlangen ihrerseits höhere Kreditzinsen von ihren Kunden. Über diesen Mechanismus lässt sich einerseits die Kreditnachfrage dämpfen und andererseits das Sparen wegen der höheren Zinsen attraktiver gestalten. Dies führt zu einer Verlangsamung des Geldmengenwachstums.
Der Prozess verläuft umgekehrt, wenn die Notenbank die Zinsen senkt. Ein Zwang zur permanenten Geldmengenausweitung oder zur Inflation besteht in einer solch modernen Geldwirtschaft mit einer unabhängigen Zentralbank nicht. Die Geschäftsbanken schaffen folglich auch nur scheinbar Geld "aus dem Nichts"; sie erhalten aus der durch Geldschöpfung resultierenden Verlängerung ihrer Bankbilanz auch keine Seignorage.
Die Kreditzinsen werden in der Regel durch zusätzliche Produktion und Einkommen erwirtschaftet. Die Finanzierung über neue Schulden würde dagegen in der Tat zur Überschuldung und - allgemein praktiziert - zum Zusammenbruch des Finanzsystems führen.
Damit Geld die dargestellten Funktionen reibungslos und in vollem Umfang erfüllen kann, ist ein hohes Maß an Preisstabilität erforderlich. Eine inflationäre Geldpolitik wäre zudem zutiefst unsozial, da die Umverteilungswirkungen der Inflation vor allem die Bezieher kleiner Einkommen treffen. Gerade vor diesem Hintergrund wurde in den meisten Industrieländern die Steuerung der Geldmenge auf unabhängige Notenbanken übertragen, deren vorrangiges Ziel die Gewährleistung von Preisstabilität ist. Die Übertragung der geldpolitischen Kompetenz auf den Staat würde dagegen das Ziel der Preisstabilität in unmittelbare Konkurrenz zu anderen politischen Zielen setzen, die letztlich das Risiko einer inflationären Geldpolitik erhöhen würde.
Der Ausschuss weist darauf hin, dass staatliche Verschuldung entsteht, wenn die Ausgaben des Staates regelmäßig höher sind als die Einnahmen. Die Ausgabe gesetzlicher Zahlungsmittel durch den Staat - wie vom Petenten angeregt - würde an diesem Sachverhalt im Grundsatz nichts ändern. Die Finanzkrisen des vergangenen Jahrhunderts, häufig begleitet von Hyperinflationen und Währungsreformen, haben gezeigt, welche dramatischen Folgen eine Politik mit der Notenpresse haben kann.
Im Übrigen finanzieren die heutigen Staaten ihre Finanzierungslücken nicht nur über eine Verschuldung bei privaten Geschäftsbanken. Vielmehr vergibt z. B. der Bund zu diesem Zweck Bundeswertpapiere am Kapitalmarkt, die wegen ihrer hohen Bonität auch bei vielen Privatpersonen und Kleinanlegern sehr begehrt sind.
Eine rein staatliche Bankenwirtschaft und Kreditversorgung würde zudem zu einer einseitigen Zuordnung von Kapital und im Ergebnis zu einer Verdrängung anderer Marktteilnehmer führen. Die von dem Petenten vorgeschlagene Reservehaltung (Kapitaldeckung) von 100 Prozent der Kreditinstitute würde eine stark verringerte Kreditvergabe hervorrufen und somit die Existenz der Geschäftsbanken in Frage stellen. Die Folge davon wäre, dass das Banken- und Finanzsystem sowie der Finanzkreislauf für die Privatwirtschaft gefährdet wären.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass die wirtschaftspolitische Grundentscheidung in Deutschland für eine soziale Marktwirtschaft und der Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb im Sinne von Artikel 119 Abs. 3, Artikel 120 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union dem Vorschlag des Petenten entgegenstehen.

Nach dem Dargelegten kann der Petitionsausschuss nicht in Aussicht stellen, im Sinne der Eingabe tätig zu werden. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen.

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